Besondere Bedeutung, ob ich etwas lernen will, kommt der ersten
Phase – der Berührung mit dem Gegenstand – zu (vgl. Grotlüschen
2010, S. 184). Um etwas als interessant oder attraktiv zu sehen – da-
zu braucht es Anstöße. Und hier kommt die Erwachsenen- und Wei-
terbildung ins Spiel. Sie kann mit ihren unterschiedlichsten An-
geboten motivieren und anregen, begleiten und provozieren, sie kann
andere Perspektiven vermitteln – oder auch Fragen und Probleme
aufwerfen, die bei den Menschen Interesse erzeugen. In diesem
Sinne kann ein pluralistisches, regional ausdifferenziertes und für alle
zugängliches Bildungsangebot zum Bedürfnis nach Lernen als Teil
eines erfüllten Lebens beitragen.
Lernen-Können
als Frage von Teilhabe, Inklusion
und Partizipation (TIP)
Erwachsenen- und Weiterbildung ist inzwischen eine gängige
Antwort auf die gegenwärtige wirtschaftliche und soziale Situation
geworden, damit die Chancen auf dem Arbeitsmarkt vergrößert, die
Ungleichheit reduziert und Voraussetzungen für das Wachstum ge-
schaffen werden. Statistische und wissenschaftliche Befunde beto-
nen den Zusammenhang von Ausbildungshöhe mit Wirtschafts-
wachstum und sozialem Frieden – aber auch mit Gesundheit, Wohl-
stand und Wohlbefinden.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Teilhabe an
Bildung und lebenslangen Lernen. Trotz einer allgemeinen Höher-
qualifizierung und einer über die Jahre steigenden Weiterbildungs-
teilnahme gilt für die Erwachsenenbildung noch immer der soge-
nannte Matthäus-Effekt: Wer hat, dem wird gegeben. Das heißt: Je
besser die (berufliche) Erstausbildung und daher die berufliche Po-
sition, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit der Beteiligung am
lebenslangen Lernen im Erwachsenenalter. Dieser Effekt wird auch
als Bildungskumulationsthese gefasst. Man könnte auch sagen: Wei-
terbildung privilegiert die Privilegierten. Damit widerspricht Erwach-
senenbildung jedoch ihrer historischen und gesellschaftlichen Auf-
gabe und Funktion – nämlich zugänglich zu sein für alle, mit dem
Ziel, Abschlüsse nachzuhohlen und sich höher qualifizieren zu kön-
nen, aber auch emanzipierend und politisch förderlich für das Ge-
meinwesen zu sein.
Eine der Zukunftsfragen wird sein, wie wir das lebenslange Lernen or-
ganisieren, finanzieren und gestalten, um die Teilhabe aller an diesem
zu ermöglichen. Dazu einige Anregungen:
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Politische Bildung
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