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Politische Bildung
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schaftliche Problemlagen selten monokausaler Natur sind, und zwei-
tens, da ein erweitertes Blickfeld auch zu einem Umkehrschluss anre-
gen kann: also unter der „Sozialen Frage“ nicht nur die vielfältigen
Formen von Bedrohungen zu verstehen, sondern dezidiert auch
danach zu fragen, welche Faktoren eigentlich eine Gesellschaft – im
positiven Sinne – zusammenhalten.
Komplexität und Mehrdimensionalität der „Sozialen Frage“
Zur Verdeutlichung der Vielschichtigkeit von Problemen – die über
den klassischen Bezugsrahmen der „Sozialen Frage“ hinausgehen –,
welchen die Gesellschaft gegenüberstehen kann, seien nur einige
Beispiele erwähnt. So gehören wohl Krieg und bewaffnete Konflikte
jeglicher Art zu den gefährlichsten Phänomenen, die das soziale
Gefüge zum Einsturz bringen können. Zahlreiche historische Bei-
spiele, aber auch aktuelle Konflikte zeugen davon in schmerzlicher
Art und Weise. Hierzu zählt auch der Terrorismus, der – nicht erst in
den letzten Jahren (vgl. z.B. Dietze 2016) – durch seine perfide Ma-
nier Angst, Hilflosigkeit und Verlust an Vertrauen in die öffentlichen
Institutionen erzeugt, und Gesellschaften destabilisieren oder sogar
nachhaltig verändern kann. Weitere wesentliche Aspekte, die den
gesellschaftlichen Zusammenhalt erodieren bzw. völlig umgestalten
können, sind klimatische Veränderungen, Naturkatastrophen und
Epidemien. Auch hier ist der Blick in die Geschichte lehrreich – be-
ginnend bei klimatischen Veränderungen, wie der Kleinen Eiszeit am
Beginn der Neuzeit (Blom 2017), den globalen und ökonomischen
Auswirkungen des Vulkanausbruchs von Tambora 1815 (Behringer
2016) oder der großen Pestepidemie in Europa Mitte des 14. Jahr-
hunderts (Bergdolt 2017). Wie dringend gegenwärtig diese Fragen
sind, erscheint angesichts des Klimawandels und des schonungslo-
sen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen unseres Planeten evi-
dent. (Kolbert 2015.) Gesellschaftliche Gefährdungspotenziale, der
Folgen man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollends abschätzen
kann, ergeben sich aus den technologischen Entwicklungen der
jüngsten Zeit, die sich in ungeahnter Geschwindigkeit vollziehen. Der
israelische Historiker Yuval Noah Harari sieht die drängenden Fragen
der Gegenwart und der Zukunft eben nicht mehr in den „klassi-
schen“ Geißeln der Menschheit, denn „[z]um ersten Mal in der
Geschichte sterben mehr Menschen, weil sie zu viel essen und nicht
weil sie zu wenig essen. Mehr Menschen sterben an Altersschwäche
als an ansteckenden Krankheiten. Und mehr Menschen begehen
Selbstmord, als von Soldaten, Terroristen und Kriminellen zusammen
getötet werden“. (Harari 2017, S. 10.) Die entscheidenden Fragen,