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Politische Bildung

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Florian Kerschbaumer

Die „Soziale Frage“ im Spannungsfeld

einer globalisierten Welt

Unter dem Begriff „Soziale Frage“ subsumiert man im Allgemeinen –

ausgehend von den Umbrüchen der Industrialisierung im 19. Jahr-

hundert – ökonomisch und gesellschaftlich generierte Phänomene

wie Armut, materielle und soziale Deprivation, Arbeits-, Chancen-

und Perspektivenlosigkeit. Heutzutage werden diese Aspekte gerne

auch unter der Chiffre der sozialen Ungleichheit diskutiert; ein Ter-

minus, der, wie Didier Eribon in seiner sehr persönlichen Analyse der

französischen Gesellschaft feststellt, „eigentlich ein Euphemismus

ist“, vergegenwärtigt man sich die daraus resultierende bittere Reali-

tät für die betroffenen Menschen. (Eribon 2016, S. 78.)

Es gab und gibt jedoch immer wieder Ansichten, die den Begriff der

„Sozialen Frage“ perspektivisch erweitern woll(t)en. So schrieb bei-

spielsweise der Pariser Erzbischof Jean Verdier, ein Mahner gegen

den Faschismus (Merlio 2005, S.125), in seinem 1940 veröffentlichten

Buch „Die Kirche und die soziale Frage“:

„Wollte man den Begriff der ‚Sozialen Frage‘ in seinem ganzen

Umfang erfassen, müsste man antworten: Die Soziale Frage ist

der Inbegriff aller Probleme, die sich aus dem Zusammenle-

ben von Individuen in einer Gemeinschaft ergeben“. (Zit. nach

Zschaler 2012, S. 99.)

Das in diesem Zitat implizierte Plädoyer für eine systematische Er-

weiterung der „Sozialen Frage“, die hinsichtlich des Vorwurfs der

analytischen Beliebigkeit oder im Sinne Max Webers aufgrund gerin-

ger „Begriffsschärfe“ (Weber 1984, S. 17) durchaus kritisch betrach-

tet werden kann, gibt doch wichtige Impulse für die Beschäftigung

mit den „Sozialen Fragen“ im 21. Jahrhundert. Erstens, weil gesell-