Aber zurück zur Bildung, um nur zwei symbolische Dinge zu sagen,
die man bei der Struktur wohl mitbedenken muss. Zum einen gibt
es die SchulabbrecherInnen – es gibt jetzt zwar die Bildungspflicht,
aber in Wirklichkeit ist es einer der großen Haken, wenn es darum
geht, dass junge Menschen in der Schule eine Klemmung erfahren
und nicht weiterkommen. Dies korrespondiert damit, dass es mei-
stens keinen Plan B gibt. Wenn man weiß, dass ein/e SchülerIn
Schwierigkeiten hat und möglicherweise nicht durchkommt, dann
entsteht schon die Frage: „Was wäre denn der Plan B für seine/ihre
Bildung, damit nichts verloren geht?“ Da ist in Wirklichkeit eine
große Leere, weil es dann sein/ihr Problem ist, ob er oder sie was
tut oder nicht. Das ist einer dieser strukturellen Haken!
Zusätzlich wissen wir, dass etwa ein Viertel unserer einheimischen
Kinder Lernschwächen hat; das weiß man, schon bevor sie in die
Schule kommen. Dafür gibt es auch Möglichkeiten. Ich habe in
England das Modell „Early Excellence Centres“, studiert, das ist
eine interessante Form. Hier lernen die Vorschulkinder mit ihren
Eltern, welche möglicherweise auch Schwächen haben – was ja
keine Schande ist. Es wurde die Erfahrung gemacht, dass, wenn sie
gemeinsam lernen, selbstverständlich die Kinder und auch die
Eltern lernen.
Es gibt in Europa einige sehr gute Systeme, beispielsweise in
Schottland und in Finnland, wo etwa zumindest einmal im Jahr, je-
de Familie und jedes Kind in der Pflichtschule von einem Lehrer/
einer Lehrerin seiner Schule zuhause besucht wird. Das ist ein voll-
kommen anderer Ansatz, eine andere Herangehensweise und ein
anderes „zeigen von Interesse“ an den Menschen. Im Gegensatz
dazu wird oft gesagt: „Die wird schon kommen, wenn der Bub ein
Problem hat, dann werden wir schon einen Zettel schreiben.“
Da merken sie, dass die systemischen und die personalen Fragen
schon zusammenhängen, die Frage des Engagements von Lehrer-
Innen und das Interesse an der familiären Situation der Schüler-
Innen hängen unmittelbar zusammen. Dass dies nicht heute, sofort
umstellbar ist und einen dementsprechenden Vorlauf benötigt, ist
mir klar. Mir war es jedoch wichtig, diese zwei Beispiele zu erwäh-
nen, weil im Bildungssystem eine ganze Menge von Veränderungs-
möglichkeiten gegeben ist.
Heinz Pichler:
Ich vermute das Landeshauptmann Kaiser unmittel-
bar da ansetzen wird – die Bildungspolitik ist auch für Sie ein zen-
trales Thema.
Politische Bildung
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