Fan interessiert sich für die Namen des Background-Personals,
es zählt nur der Star. Für die anderen dreht sich das Rad der
„Gig Economy“ weiter. Als weiteres gleichläufiges Beispiel für die
Arbeitswelt der Zukunft gilt die Filmproduktion: Ein Team mit Stars,
auswechselbaren Komparsen und Technikern – nach Abschluss der
Dreharbeiten sind alle wieder verfügbar für neue Projekte.
Den Gewinnern im „Plattformkapitalismus“ der Markenführer stehen
die Verlierer gegenüber. Der bereits genannte Klaus Dörre (2015)
sieht die Verlierer der prekären Vollerwerbsgesellschaft in einem
Wechselspiel zwischen fragilen und zumeist äußerst anstrengenden
Jobs im Niedriglohnbereich, wo vor allem Frauen in einfachen Dienst-
leistungsjobs zu finden sind. Zum zweiten in Abhängigkeit von Sozial-
staatsversorgung, zur guten Hälfte durch Aufstockung der working
poor Einkommen, und zum dritten in der „unwürdigen“ Arbeit, die als
Mittel der Sozialdisziplinierung im workfare-Regime von den Sozial-
behörden im Sinne eines Arbeitshaus-Tests verordnet wird. Als par-
allele Welt zum Niedriglohnsektor erfährt der Bereich der Solo-Selb-
ständigen einen rasanten Aufschwung: Laut Angaben der Wirt-
schafskammer sind in Kärnten 50 % aller bei ihr registrierten Betrie-
be EPUs. Hier fragt niemand nach dem Stundenlohn bzw. der Vergü-
tung pro Tagwerk. Die Propagierung des unternehmerischen Geistes
galt gerade auch in Ostdeutschland nach den erfolgten großen Um-
schulungswellen als probates Mittel, um die hohen Arbeitslosen-
zahlen zurückzuführen. Bis heute ist Solo-Unternehmertum und
Scheinselbständigkeit das Hauptinstrument zum Unterlaufen des
Mindestlohns.
Dörre verwahrt sich gegen den Begriff der Überflüssigen, analysiert
vielmehr einen „Wettkampf“ innerhalb der Unterklassen um sozialen
Status und gesellschaftliche Reputation. Als Ergebnis seiner
Feldstudie weist er das landläufige Bild vom passiven Leistungs-
empfänger scharf zurück. Er sieht die Langzeitarbeitslosen vielmehr
in zirkularer Mobilität, die sich „zwischen prekärem Job, sozial geför-
derter Tätigkeit und Erwerbslosigkeit beschränkt. Es kommt fort-
während zu Positionsveränderungen, aber die soziale Mobilität bleibt
eine zirkulare, weil sie nicht aus dem Sektor prekärer Lebenslagen
hinausführt. Nur wenige Befragte haben nach sieben Jahren den
Sprung in Verhältnisse geschafft, die sie vom Leistungsbezug dauer-
haft befreien. Die anderen durchlaufen mitunter zwei, vier, sechs und
mehr berufliche Stationen. Sie springen von der Erwerbslosigkeit in
den Ein-Euro-Job, von dort in die Aushilfstätigkeit, dann in eine Qua-
lifizierungsmaßnahme und so fort, um am Ende doch wieder im Leis-
tungsbezug zu enden.“ (Ebd., S. 10).
Politische Bildung
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