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ben. Sozialpolitische Leistungen haben einen dreifachen Nutzen, wie

Georg Vobruba historisch begründet nachweist: Neben dem unmit-

telbaren Nutzen für die Betroffenen (z.B. Arbeitslosengeld oder

Zugang zu Bildungs- und Integrationsleistungen) ermöglicht der So-

zialstaat als Auffang-Puffer den Betrieben flexible Spielräume für

notwendige Umstrukturierungen, um im weltweiten Wettbewerb

Schritt halten zu können – Autos mit Bremsen lassen sich rasanter

fahren als solche ohne Bremsen! Der Sozialstaat flankiert also den

Modernisierungsprozess. Als dritte Nutzenebene ist schließlich eine

Stärkung des sozialen Friedens zu betonen, denn sich selbst über-

lassene Verlierer bilden Milieus der Gewalt, der Kriminalität und

Selbstzerstörung.

Als gesellschaftspolitisch problematisch erweisen sich dabei aller-

dings jene Gruppen der Bevölkerung, die sich von starken Ressen-

timents leiten lassen, für Halbwahrheiten und Schuldzuschreibungen

empfänglich sind, um so auch eigene Statusängste zu kompensie-

ren. Obgleich diese zumeist demokratiepolitisch schwer erreichbar

sind, ist gerade hier politische Aufklärung gefragt und gefordert –

und diese Aufgabe erstreckt sich über das Parteienspektrum, die

Presse und die formalen Bildungsinstitute hinaus auf den Bereich

des Zivilgesellschaftlichen: Hier haben die Vereine, die Kirchen-

gemeinden und weitere Freiwilligen-Organisationen eine zentrale

Aufgabe nicht nur der sozialen Integration, sondern auch der „Auf-

klärung“ im Sinne des Entgegentretens gegen absurde Ideologie-

Fragmente, dumme Witze und perfide Schmähungen, die gerne bier-

selig beklatscht werden.

Zukunft der Gesellschaft gestalten

Wir leben in einer Arbeitsgesellschaft. Erwerbsarbeit ist der zentrale

Schlüssel zur Sicherung einer selbst verantworteten Lebensführung

und Selbsterhaltung. Man kann dies bestreiten, man darf auch ge-

sellschafts-utopische Gegenentwürfe propagieren. Wir allerdings ge-

hen mit der großen Wiener Sozialforscherin Marie Jahoda ganz un-

modern von einer arbeitsgesellschaftlichen Normalität als ordnungs-

prägendes Muster unser Gesellschaft aus und fragen mit ihr: Wieviel

Arbeit braucht der Mensch?

Betrachten wir die Vorschläge, die im Kontext einer sich ändernden

Arbeitswelt als Reformmodelle auf gesamtgesellschaftlicher Ebene

gehandelt werden.

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Politische Bildung

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