entwürfen samt Selbstansprüchen an Lebensqualität unter Druck
geraten, wenn es also nur noch knapp zum Urlaub an der Adria
reicht, wenn die Hobbys der Kinder und die eigenen nur noch mit
Abstrichen leistbar sind – Musikinstrument ja, Skipass nein, dann
kann an unserer Gesellschaft etwas nicht mehr im Lot sein. Aber was
stimmt nicht?
2. Zukunft der Arbeit: Die Prekären und die Abgehängten
Die neue Dienstklasse der 24/7 Gesellschaft kämpft ums tägliche
Auskommen auf schlecht bezahlten und meist stressigen Jobs.
Die Abgehängten, die das Tempo nicht mithalten, landen auf dem
Abstellgleis.
Hier treffen wir also auf jene, die sich nicht nur übergangen fühlen,
sondern die täglich um ihr Auskommen kämpfen. Im Gefolge ökono-
mischer Entwicklungen hat sich ein neues „Dienstleistungsproleta-
riat“ herausgebildet. Es umfasst den selbstständigen Lebensberater
und die Yogalehrerin, die bei durchschnittlicher Auftragslage gerade
so über die Runden kommen, die schlecht bezahlten Stundenkräfte
und Angestellten von Putzdiensten, bei der Security, bei den Paket-
zustellern und Semmelverkäuferinnen in den U-Bahnstationen der
Städte. Dienstleistung rund um die Uhr in der 24/7 Gesellschaft ist
angesagt.
Dienstleistung ist aber personalintensiv und der Rationalisierung sind
hier Grenzen gesetzt. Einsparen können Dienstgeber deshalb nur bei
den Löhnen. Amazon träumt zwar vom Paket-Helikopter, derzeit
rasen aber noch die Pizza-Boten zu Boomzeiten durch die Städte.
Wer das Tempo nicht schafft oder schlimmer noch: sich mit den Kun-
den anlegt, der landet in der Mindestsicherung, auf dem Abstellgleis.
Studien zur Zukunft der Arbeitswelt haben Konjunktur wie jüngst
etwa die Arena-Analyse 2016. Man konstatiert eine Klasse von Ge-
winnern durch Digitalisierung und Robotics, die vor allem hochgradig
flexibel sein müssen, bereit und fähig ihre Spezialkompetenzen ge-
zielt in Projekte einzubringen und diese termingenau und erfolgreich
abzuschließen. Richard Sennett (1998) erkannte schon vor 20 Jahren
den flexiblen Menschen als Prototyp im neuen Kapitalismus. In den
aktuellen Studien vergleicht man Fabriken der Zukunft mit der Musik-
branche, in der „Weltmarktführer“ wie Madonna, Robby Williams
oder dereinst Michael Jackson ein Team guter Musiker und Tänzer
für eine Tournee zusammenstellen – Bühnentechniker, Roadies und
weitere werden vor Ort zugekauft. Nach der Tour ist vor der Tour, kein
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Politische Bildung
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