Vorschlag 1:
Das Ehrenamt forcieren! Es gilt, den Überflüssigen und Ausge-
brannten der Arbeitsgesellschaft Zugänge zu zivilgesellschaftli-
chem Engagement zu schaffen.
Zwei bedenkenswerte Argumente dazu:
Aus nahezu allen Studien zum bürgerschaftlichen Engagement wis-
sen wir, dass Arbeitslose selten im Ehrenamt anzutreffen sind. Dies
mag auf den ersten Blick paradox erscheinen, hätten doch gerade
sie die meiste Zeit, etwas für sie Sinnvolles außerhalb ihrer vier Wän-
de zu tun. Fakt ist aber, sie schämen sich. Denn wer in unser Arbeits-
gesellschaft nicht gebraucht wird, den „übermannt“ das Gefühl der
Nutzlosigkeit – und dies im wahrsten Sinne des Wortes: Vor allem
Männer verkraften es schwer, wenn sie ihrer tradierten Rolle als Er-
nährer und Versorger nicht nachkommen können. Daher ziehen sie
sich zurück. Und diese Fixierung auf traditionelle Geschlechterrollen
nimmt dann eher noch zu, wenn sie nicht oder nur schwer einlösbar
ist. Der statusgesicherte Mann wird locker(er) und öffnet sich neuen
Partnerschaftsentwürfen; wer dagegen abgehängt ist, verhärtet sich
und legt einen Panzer um sich. In großer psychischer Not wird Mann-
haftigkeit auch gewaltförmig hergestellt, Gewalt ist immer aus
Selbstbehauptung gespeist und schafft letztlich Ordnung, wenn oft
auch unglücklich fremd- und selbstzerstörerisch, so zeigt uns die
Männerforschung (Böhnisch 2006). Jedenfalls begreift der Aussor-
tierte nur in seltenen Fällen, weshalb er sich für eine Gesellschaft eh-
renamtlich engagieren soll, die ihn doch ausstößt.
Marie Jahoda betont die Wichtigkeit der Erwerbsarbeit. Durch Arbeit
erweitert der Mensch „die Bandbreite seiner sozialen Beziehungen
über die oft stark emotional besetzten Beziehungen zur Familie und
zur Nachbarschaft hinaus; mittels Arbeitsteilung demonstriert sie [die
Erwerbsarbeit], daß die Ziele und Leistungen eines Kollektivs diejeni-
gen des Individuums transzendieren; sie weist einen Status zu und
klärt die persönliche Identität; sie verlangt eine regelmäßige Akti-
vität“ (1995, S. 136).
Quintessenz:
Trotz dieser zugegeben arbeitsgesellschaftlich konser-
vativen Überlegungen ist es mittelfristig notwendig, jene Formen der
Arbeit, die neben der bezahlten Erwerbsarbeit existieren, mitzuden-
ken und diese aufzuwerten. Denn reproduktive Arbeit, wie sie als
Erziehung überwiegend im Familienkontext verrichtet wird, ist für den
Fortbestand einer Gesellschaft unverzichtbar und zivilgesellschaftli-
che Mitwirkung macht diese Gesellschaft humaner und lebenswerter,
Politische Bildung
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