Tag lebte, lag dieser Anteil 2015 nur mehr bei 14 Prozent. Weltweit
fiel die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen zwischen
1990 und 2015 um mehr als die Hälfte, von 1,9 Milliarden auf 836
Millionen (vgl. Vereinte Nationen 2015, S. 4). Diese positive Entwick-
lung ist vor allem auf das Wirtschaftswachstum in Ländern wie China
oder Indien und eine produktivere Landwirtschaft zurückzuführen.
Mittlerweile hat die Weltbank den Schwellenwert für extreme Armut
auf 1,90 US-Dollar hinaufgesetzt. „Aber auch dieser Schwellenwert
für die extreme Armut ist äußerst problematisch. Er basiert auf dem
Durchschnitt der Armutsgrenzen von 15 der ärmsten Länder der Welt
und ist selbst für viele Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas viel
zu niedrig angesetzt. Es wäre abwegig zu glauben, die Armut wäre
überwunden, wenn alle Menschen über ein Pro-Kopf-Einkommen
von mindestens 1,91 US-Dollar pro Tag verfügten. Diese Armuts-
grenze kann allenfalls die Schwelle des Überlebens markieren, nicht
aber die Schwelle zum ‚angemessenen Lebensstandard’, wie er als
Recht in Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
allen Menschen zugestanden wird“. (Martens/Obenland 2016, S. 26.)
Armut allein über das Einkommen zu messen, kann die Komplexität
des Phänomens nicht ausreichend erfassen; das zeigt auch ein
neues Messinstrument, mit dem das Entwicklungsprogramm der
Vereinten Nationen (UNDP) seit Kurzem arbeitet. Der mehrdimensio-
nale Armutsindex (Multidimensional Poverty Index, MPI) unterschei-
det sich von anderen Armutsindizes dadurch, dass er zusätzlich die
Dimensionen Gesundheit, Bildung und Lebensstandard in die
Messung einbezieht und die Daten aus Haushaltsbefragungen stam-
men. Die Indikatoren des MPI fragen beispielsweise danach, wie
viele Haushaltsmitglieder länger als fünf Jahre zur Schule gegangen
sind, ob ein Kind in der Familie gestorben ist, ob der Haushalt
Zugang zu Elektrizität hat und ob sauberes Trinkwasser mehr als 30
Gehminuten entfernt ist. Nach dem ersten MPI, der auf Daten aus
104 Ländern beruht, leben 1,7 Milliarden Menschen in Armut; das
sind etwa 400 Millionen mehr als die Berechnungen der Weltbank
ergeben. Mit dem MPI ist es außerdem möglich, sehr genau festzu-
stellen, welche Bevölkerungsgruppen von Armut betroffen und in
welchen Bereichen sie benachteiligt sind (vgl. Elliesen 2010).
Die Vereinten Nationen versuchen, durch internationale Initiativen auf
diesen Zustand zu reagieren und haben im September 2015 unter
dem Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nach-
haltige Entwicklung“ ein neues globales Entwicklungsprogramm be-
schlossen. Übergeordnetes Ziel ist es, ein menschenwürdiges Leben
Politische Bildung
56