Previous Page  49 / 66 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 49 / 66 Next Page
Page Background

19

Politische Bildung

4

dass eine derartige plurale Komposition auch zu entsprechenden

inneren politischen Fragmentierungen und Konfrontationen führen

kann. Fehlende konkrete gemeinsame Zielsetzungen, differente poli-

tische Vorstellungen über nächste Schritte und Wellen der Repres-

sion lassen somit erahnen, welche Prozesse der Demoralisierung und

Desorientierung soziale Bewegungen im arabischen Raum nach An-

fangserfolgen durchlaufen haben (vgl. Krieger 2015).

Auch wenn es also angesichts dieser Entwicklungen gegenwärtig so

erscheinen mag, als sei jene gesellschaftliche Utopie von 2011 unter

Flucht, Jihadismus und Krieg begraben worden, eines ist dabei

gewiss: Die herrschenden Eliten im arabischen Raum samt ihren je-

weiligen internationalen Unterstützern produzieren beständig jene

Krisen, denen sie zugleich zu entrinnen versuchen (vgl. Hanieh 2013).

In der Dialektik von Revolution und Konterrevolution haben sich auto-

ritäre Regime in vielen arabischen Ländern vordergründig durchge-

setzt – um den Preis der Zerstörung sozialer und gesellschaftlicher

Strukturen. Zu glauben, damit emanzipatorischen Forderungen län-

gerfristig entkommen zu sein, ist allerdings eine Illusion. Dies zu

erkennen und in die eigene Blickrichtung auf den arabischen Raum

zu integrieren, bedeutet somit auch, jene sozialen und politischen

Prozesse zu sehen, aus denen gesellschaftliche Utopien jenseits von

Ausbeutung und imperialer Intervention erwachsen.

Derartige Spuren aufzunehmen und dabei eine kurze historische

Skizze von einigen wesentlichen Entwicklungen im arabischen Raum

zu rekonstruieren, war somit auch zentraler Bestandteil unserer

Workshops.

Assoziationen, Wissen und politische Analysen

zum arabischen Raum – Elemente des Workshops

Die beiden Workshops wurden jeweils in zwei Abschnitte unterteilt:

1. Assoziationen der Workshopteilnehmenden zu den Jahren 2011,

2009 und 2003 im Zusammenhang mit dem so genannten Nahen

und Mittleren Osten

2. Eigene Einschätzungen und Analysen zu den Revolten und ihren

Begrenzungen

Nachdem die Revolten von 2011 der vorläufige Kulminationspunkt

von unterschiedlichen gesellschaftlichen, gewerkschaftlichen und

politischen Auseinandersetzungen im Laufe der gesamten 2000er