Politische Bildung
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Die bereits 2011 einsetzende Konterrevolution zur Krisenbewältigung
und zu einer erneuerten Herrschaftssicherung fußt dabei auf folgen-
den Eckpfeilern, die in unterschiedlicher Intensität in den verschiede-
nen Ländern des arabischen Raums angewandt wurden und werden
(vgl. Krieger 2015):
n
Militarisierung, Konfessionalisierung und Ethnisierung von politi-
schen Konflikten,
n
(Staats-)Terror als Regierungstechnik zur Schaffung bzw. Zusam-
menziehung einer sozialen Basis sowie
n
Kooperation, Konkurrenz und Intervention im Rahmen regionaler
geostrategischer Bruchzonen;
Diese allgemeinen Eckpunkte müssten in eingehenden Analysen zu
den einzelnen Ländern ausdifferenziert bzw. ergänzt werden, so etwa
um die Bedeutung jihadistischer Formationen als konterrevolutionäre
Bewegungen herauszustellen oder um die Dimension imperialer Inter-
ventionen in den gegenwärtigen Kriegs- und Krisenzonen zu verdeut-
lichen (vgl. dazu ausführlich Krieger 2015). Nicht zu vernachlässigen
wäre dabei, wie einzelne Länder, insbesondere Saudi Arabien, durch
Block- und Allianzbildungen einerseits und direkte (militärische) Inter-
ventionen andererseits versuchten, die jeweiligen Protestbewegun-
gen auf lokale Nebenhandlungen einzugrenzen und politisch zu deso-
rientieren, um sie damit effektiver bekämpfen zu können.
Mit derartigen Einschätzungen ließe sich somit rekonstruieren, mit
welchen jeweiligen konterrevolutionären Mechanismen die einzelnen
sozialen Bewegungen konfrontiert waren bzw. sind (vgl. Beinin/Vairel
2011). Damit ließe sich des Weiteren herausarbeiten, warum jene Be-
wegungen dem Niveau dieser Konfrontation (noch) nicht gewachsen
waren und sind (vgl. Krieger 2015).
Eine derartige Analyse würde bei Weitem den Rahmen dieser Zu-
sammenfassung sprengen. Insofern lässt sich lediglich ganz allge-
mein feststellen, dass die Bewegungen von 2011 zwar das Moment
der Überraschung auf ihrer Seite hatten, jedoch im weiteren Verlauf
der Proteste der Reorganisation der Staatsmacht sowie der Militari-
sierung, Konfessionalisierung und Ethnisierung von Konflikten wenig
entgegensetzen konnten. Eine wesentliche Ursache dafür liegt in der
organisatorischen und ideologischen Pluralität der Bewegungen
selbst begründet: War dies am Beginn der Proteste ein innovatives
Element, so zeigte sich im Laufe der weiteren Monate und Jahre,