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Politische Bildung

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oder einer essentialistischen kulturellen Andersartigkeit wahrzuneh-

men, bedeutet ja nichts anderes, als soziale, ökonomische und poli-

tische Entwicklungen zu kulturalisieren, die verschiedenen sozialen

Kämpfe der 2000er Jahre nicht in ihrer umfassenden herrschaftskriti-

schen und emanzipatorischen Dimension zu verstehen sowie impe-

riale Interventionen in jenem Jahrzehnt, wie etwa die Irak-Invasion

von 2003, nicht als grundlegende Bedingung für gesellschaftliche

und soziale Verwerfungen zu integrieren. Es bedeutet nichts Gerin-

geres, als wesentliche historische Prozesse, die zur Revolte von 2011

geführt haben, auszublenden. Jene Prozesse als Ausgangspunkt des

Verständnisses eben dieser Revolten zu nehmen, wurde somit zu

einem zentralen Element in den beiden Workshops.

Mittlerweile hat sich eine chronologische Erzählung der Proteste in

den verschiedenen arabischen Ländern weitgehend etabliert (vgl.

Haddad/Bsheer/Abu-Rish 2012; Jünemann/Zorob 2013). Mit zentra-

len Parolen wie

ash-sha

ʻ

b yurid isqa

an-nizam

(das Volk will den

Sturz des Regimes) und

eisch, hurriya, 'adala igtima'iya

(Brot,

Freiheit, soziale Gerechtigkeit) forderten Millionen von Frauen,

Männern und Jugendlichen in jener Zeit eine gesellschaftliche Alter-

native ein, in der inklusive Vorstellungen von Demokratie mit sozioö-

konomischen Gerechtigkeitskonzepten verbunden werden sollten.

Damit schufen sie einen politischen und sozialen Raum des Protestes

und der Utopie (vgl. Ismail 2013), der primär den eigenen autoritären

Eliten abgerungen wurde und zugleich implizit gegen eine globale

neoliberale Unordnung gerichtet war. Insofern artikulierten sich in und

durch die sozialen Bewegungen Forderungen, die einerseits auf die

spezifische Situation in den einzelnen Ländern abgestimmt waren,

andererseits auch mit der Suche nach gesellschaftlichen Alternativen

in anderen Regionen der Welt korrespondierten. Nicht zufällig fanden

Bewegungen wie die Indignados in Spanien oder die Occupy Wall

Street in den USA Inspiration und ein (aktionistisches) Vorbild in den

arabischen Revolten von 2011.

Bereits im weiteren Lauf des Jahres 2011 wurde nach der Abdankung

von Ben Ali in Tunesien und Mubarak in Ägypten sichtbar, dass eman-

zipative gesellschaftliche Entwicklungen im arabischen Raum durch-

zusetzen nicht einfach einer linearen Chronologie folgt – gleichsam

zuerst Tunesien und dann sukzessive alle weiteren Länder, die nach-

einander demokratisiert werden würden. Im Gegenteil, emanzipative

Forderungen gesellschaftlich und politisch zu verankern, sind immer

umkämpfte Prozesse. Schließlich verlassen herrschende Eliten nicht

einfach freiwillig die politische Bühne. Das sind die bitteren Erfahrun-

gen der einzelnen Bewegungen, die die Revolten angestoßen haben.