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darf es nicht geben – in keinem Land wurde diese Therapie so extrem

durchgeführt. Die Arbeitslosigkeit ist natürlich nicht gesunken, wie

die Neoliberalen sich das vorstellen, im Gegenteil, sie ist kometen-

haft gestiegen.

Oder nehmen wir die Kürzung des Sozialstaates her – nach der neo-

liberalen Theorie „Crowding-out“ Hypothese, tendiert eine freie

Marktwirtschaft zur Vollbeschäftigung. Es meint, der böse Staat hat

die Privatwirtschaft herausgedrängt. Die Theorie lautet, wenn sich

der Staat zurückzieht, können sich die Unternehmen frei entfalten

und es kommt zu einem Wirtschaftsaufschwung. Aber es ist genau

das Gegenteil passiert. Wir wiederholen in anderer Form die konkre-

ten Erfahrungen von 1929 bis 1933, nur bezogen auf Südeuropa,

speziell Griechenland, während hingegen Deutschland seit 2008 still

und leise einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel vollzogen hat.

Denn Deutschland macht genau das Gegenteil von dem, was es den

Südeuropäern vorschreibt. Die Löhne steigen seitdem stärker, der

Staat hat seine Ausgaben wie Kurzarbeitergeld, Abwrackprämie,

Kindergeld erhöht. Weil Deutschland diese primitiv-keyensianischen

Rezepte anwendet und den Südeuropäern die neoliberale Hungerkur

verordnet, steht es besser da. Warum bringe ich das? Weil ich glau-

be, dass die Ergebnisse der Neoliberalpolitik wirklich so desaströs

sind, dass es langsam Zeit für eine massive Gegenoffensive wäre.

Damit bin ich jetzt beim New Deal und vergleiche die Situation mit

jener von Roosevelt im Jahr 1933. Warum? Krise ist ein langdauern-

der Zustand, wo das Alte nicht mehr funktioniert, aber das Neue

noch nicht gefunden ist. Ein gutes Beispiel für Roosevelt‘sche Poli-

tik: Als er am 1. März 1933 inauguriert wurde, hat er gesagt, „…ich

muss innerhalb weniger Monate für hunderttausende arbeitslose

Jugendliche eine Beschäftigung finden.“ Natürlich geht das nicht in

einem ökonomisch effizienten Sinn, aber, da er wusste, Ökonomie

hat viel mit Psychologie zu tun, ökonomische Depression hat viel mit

sozialpsychologischer Depression zu tun, da hat er einen „Civilian

Conservation Corps“ gegründet, um für hunderttausende Jugend-

liche im Rahmen der Nationalparks eine Beschäftigungsmöglichkeit

zu schaffen. So hat Roosevelt dieses marktliberale Entmündigungs-

dogma, „man kann nix machen“ gedreht, indem er zeigte, dass durch

eine politische Intervention sehr wohl ökonomische Probleme bewäl-

tig werden können. Das Erste was Roosevelt getan hat, war die

Finanzalchemisten an die Kandare zu nehmen. Er hat die Banken

sofort für eine Woche zugesperrt. Durch seine berühmten Radioan-

sprachen ist es ihm gelungen, der Bevölkerung zu erklären, warum

das notwendig ist. Es kam zu keiner Panik, sondern die Finanzspe-

Politische Bildung

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