Katerina Anastasiou:
Wie Stephan Schulmeister gerade gesagt hat,
kann das Pendel in zwei Richtungen schlagen. Zum einen die Situa-
tion in den Balkanländern wie bspw. Ungarn, wo es den Menschen
nicht viel besser geht, aber Schuld dafür sind nicht sie selbst, son-
dern die Art und Weise wie die Politik mit diesen Ländern umgegan-
gen ist bzw. was für ein Wirtschaftsplan da durchbrochen wurde.
Man kann sagen, solche Länder können komplett neoliberal werden,
was für mich Hand in Hand mit Konservativismus geht.
Das Pendel kann auch in die progressive Richtung schlagen. Die
Frage ist aber: Was passiert jetzt, wenn sich ein Volk, wie in Grie-
chenland, für eine alternative, sozialgerechte, solidarische Politik
entscheidet, aber von der Europäischen Union wieder einen Engpass
bekommt. Kann man eine Revolution ausschließen oder wäre in dem
Fall eine Revolution etwas Schlechtes? Ich denke mittlerweile, ent-
weder es entsteht eine Situation, in der sehr autoritäre Regierungen
und Eliten die Entscheidungen für uns treffen oder, wir werden rebel-
lieren und uns sagen: Nein, so geht es einfach nicht weiter! Welche
Formen das annehmen wird, werden wir sehen; wir müssen uns aber
jetzt entscheiden für welche Seite wir weiter kämpfen werden.
Dieses neoliberale Paradigma setzte sich die letzten 40 Jahre in der
Gesellschaft durch. In Griechenland haben wir uns allerdings nur
innerhalb von fünf Jahren anpassen müssen. Die Arbeitslosigkeit war
in Griechenland vor der Krise bei acht Prozent, weniger als in Öster-
reich. Die Menschen meiner Generation, ich bin 32 Jahre alt, stehen
mit fast 60 Prozent Arbeitslosigkeit da, und jene, die überhaupt keine
Arbeit bekommen, arbeiten meistens am Schwarzmarkt. Was ist das
für eine Zukunftsperspektive? Das führt dazu, dass 400.000 junge
Menschen mit einer guten Ausbildung das Land verlassen mussten.
Griechenland ist eine serviceorientierte Wirtschaft, der Tourismus
funktioniert passabel, Landwirtschaft und die Industrie sind aller-
dings komplett zerstört. Man will also nur hoffen, dass das Pendel,
damit etwas passiert, auf die linke Seite schlägt. Die andere Seite ist
sehr, sehr dunkel und wird uns viele Jahrzehnte zurückwerfen. Ich
will keine Rückkehr in die Vergangenheit. Ein persönliches Anliegen
meinerseits ist, dass die Menschen meiner Generation auch von der
Gewerkschaft und der Arbeiterkammer vertreten werden. In Grie-
chenland gab es in den letzten Jahren 29 Generalstreiks. Die Arbeits-
losen wurden dabei nicht vertreten. Man erwartet sich von Ländern
wie Österreich, wo das soziale Netz irgendwie noch funktioniert,
dass auch die prekären ArbeitnehmerInnen und die Arbeitslosen gut
vertreten werden und die junge Generation in die demokratischen
Entscheidungen miteinbezogen wird.
Politische Bildung
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