her, aber von der Umsetzung her. Und daher ist Demokratie auch
nicht vererbbar.
Angelika Hödl:
Ich möchte jetzt an den zweiten Teil dieses Tagungs-
titels anknüpfen: Partizipation reloaded, und Frau Cesy Leonard fra-
gen: Ist partizipatives reloaden angesagt? Brauchen wir das? Müs-
sen wir partizipieren?
Cesy Leonard:
Auf jeden Fall müssen wir partizipieren – mehr als bis-
her vielleicht. Meiner Meinung nach reicht es nicht, einfach nur ein
Häckchen bei einer Wahl zu machen, sondern wenn wir etwas ver-
ändern möchten, dann müssen wir aufstehen, aus der Bequemlich-
keit rausgehen und etwas tun. Und das probieren wir mit dem Zen-
trum für politische Schönheit.
Heinz Pichler:
Herr Dr. Gusenbauer, wie ist denn der Stand der De-
mokratie, der Entwicklung in Europa, wenn man jetzt Europa nicht
ganz eng definiert, nicht die Europäische Union, sondern vielleicht
wirklich Europa als geografisches Gebilde.
Alfred Gusenbauer:
Wir haben natürlich Rückentwicklungen in eini-
gen Ländern, was sich an dramatisch sinkenden Wahlbeteiligungen,
Korruption und der Abwanderung, vor allem der jungen, gut ausge-
bildeten und kritischen Bevölkerung zeigt (nennt hier Beispiel Ungarn
und Bulgarien). Aber es gibt ebenso positive Entwicklungen, eine
sehr starke Mobilisierung von großen Teilen der Bevölkerung als Aus-
druck eines politischen Teilnahmewunsches, der sich auch in einer
Veränderung des Parteiensystems ausgewirkt hat (nennt hier als Bei-
spiel Spanien).
Cesy Leonard:
Mein Demokratie-Befund Europa: Ich finde es immer
wieder erschreckend, dass an den Außengrenzen von Europa jährlich
zehntausende Menschen sterben und auch wir mit den Mitteln aufrü-
sten und Grenzen schaffen, wo man sich wirklich Fragen muss, sind
diese Grenzen, wenn man sie sich anschaut, sind das eigentlich die
Grenzen eines humanistischen, demokratischen, menschenfreundli-
chen Staates? Das heißt, ich bin unfassbar dankbar für dieses demo-
kratische Deutschland, in dem wir leben dürfen. Ich denke, in Öster-
reich ist es ähnlich – wir können Wiederstand leisten, wir werden
nicht gleich eingesperrt – aber gerade wenn es uns gutgeht und
wenn wir alles haben und wenn wir in einer Demokratie leben, wo wir
nicht mehr kämpfen müssen für diese Errungenschaften, in denen wir
leben, dann machen wir es uns oft zu bequem – da können wir sehr
viel mutiger werden.
Politische Bildung
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