allem aber sollte das Ergebnis der vorliegenden Untersuchung nicht
darüber hinwegtäuschen, dass – trotz der insgesamt positiv bewer-
teten Arbeits- und Lebensbedingungen – sehr wohl „prekäre Einzel-
fälle“ im Sinne von Fallbeispielen aus den erhobenen Daten heraus-
gearbeitet werden können, die im Folgenden abschließend präsen-
tiert werden.
Fallbeispiel 1:
Neuer Selbstständiger, männlich, 52 Jahre, verheira-
tet, ein Kind, der sowohl mit bestimmten Aspekten der Arbeits- als
auch Lebenssituation „eher“ bis „sehr unzufrieden“ ist. Dieser gab
zum Zeitpunkt der Erhebung an, mit dem oft nur unregelmäßigen
Einkommen und der sozialen Absicherung hinsichtlich der Kranken-,
Pensions- und Arbeitslosenversicherung sehr unzufrieden zu sein;
zwei Aspekte, die ihn aufgrund des selbstständigen Arbeitsverhält-
nisses gegenüber unselbstständig Beschäftigten benachteiligt. Auch
die insgesamte Tätigkeitszufriedenheit fällt insbesondere wegen der
unzureichenden sozialen Absicherung und dem hohen zeitlichen
Aufwand für Kursvor- und -nachbereitungen sowie fehlender Kolle-
gialität signifikant geringer aus. Demnach verwundert es nicht, dass
die negativen Arbeitsaspekte auch Auswirkungen auf die Lebens-
situation nehmen. Durch den unregelmäßigen Einkommenserwerb
wird mit dem monatlichen Haushaltsbudget nur schlecht das
Auslangen gefunden und kann dadurch beispielsweise eine einmali-
ge Urlaubsreise im Jahr nicht finanziert werden. Eine zudem atte-
stierte Unzufriedenheit mit der Work-Life-Balance sowie ein generell
pessimistischer Blick in die berufliche und private Zukunft runden
das Bild dieses prekären Einzelfalles ab.
Fallbeispiel 2:
Auch der zweite prekäre Einzelfall suggeriert ein
schwieriges Berufs- und Privatleben einer 49 Jahre alten, verheira-
teten Trainerin, die auf Basis einer befristeten Teilzeit-Hauptbeschäf-
tigung im Bildungssektor tätig ist und – um eine weitere Einkom-
mensquelle zu haben – zusätzlich als Ein-Personen-Unternehmerin
im IKT-Sektor tätig ist bzw. sein muss. Auch sie attestierte eine
große Unzufriedenheit mit dem Einkommen bzw. der Bezahlung, der
sozialen Absicherung, der hohen Arbeitsplatzunsicherheit, einem
schlechten Betriebsklima, geringen Mitspracherechten und Auf-
stiegsmöglichkeiten. Wiederum kann auch bei diesem Einzelfall ge-
zeigt werden, dass eine vergleichsweise prekäre Arbeitssituation
wesentlichen Einfluss auf die private Lebenswelt nimmt; es wird ein
schlechtes Auskommen mit dem monatlichen Haushaltsbudget so-
wie eine finanzielle und materielle Deprivation (Zahlungsrückstände,
keine Ausgaben über
€
1.100 leistbar, kein Urlaub möglich, kein
PKW leistbar) beobachtet. Daneben wurden erhebliche gesundheit-
Politische Bildung
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