Politische Bildung
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„Die Bilder der Südafrikaner, die an jenem Tag zur Wahlurne gingen,
sind in mein Gedächtnis eingebrannt. Lange Schlagen von geduldi-
gen Menschen, die sich durch die schmutzigen Straßen und Gas-
sen von Dörfern und Städten wanden; alte Frauen, die ein halbes
Jahrhundert gewartet hatten, ehe sie zum erstenmal ihre Stimme
abgeben konnten, und die erklärten, zum erstenmal in ihrem Leben
fühlten sie sich als Menschen; weiße Männer und Frauen, die
erklärten, sie seien stolz, doch noch in einem freien Land zu Leben.
Die Stimmung der Nation während jener Wahltage war erhebend.“
(Mandela 2014, S. 826f.)
Gerade Nelson Mandela verkörperte wie kein Zweiter den für jede
Demokratie notwendigen Pluralismus. Er war es auch, der in
Südafrika, das häufig auch als Regenbogennation bezeichnet wird,
einen, aufgrund des zahlreich erfahrenen Unrechts, schwierigen und
daher wohl beeindruckenden Versöhnungsprozess initiierte, mit dem
Ziel, die Gräben in der Gesellschaft zu überwinden:
„Während dieser langen, einsamen Jahre wurde aus meinem Hun-
ger nach Freiheit für mein eigenes Volk der Hunger nach Freiheit
alle Völker, ob weiß oder schwarz. Ich wußte so gut, wie ich nur
irgend etwas wußte, daß der Unterdrücker genauso befreit werden
mußte wie der Unterdrückte.“ (Mandela 2014, S. 835)
Gelebte Bürgergesellschaft: Nationalsozialistische
Liquidierungspraxis am Beispiel Österreichs
Die Bedeutung einer freien, aktiven und pluralistischen Bürgergesell-
schaft für die Demokratie wurde in der Forschung immer wieder her-
vorgehoben (vgl. Putnam 2001) Welche Konsequenzen sich ergeben,
wenn dieselbe sich auflöst oder vielmehr gewaltsam zerschlagen
wird, zeigt einprägsam die Machtübernahme der Nationalsozialisten.
Der „Anschluss“ an das Deutsche Reich im März 1938 beseitigte mit
der Liquidierung des bestehenden politisch-administrativen Gefüges
nicht nur die Strukturen des „Landes Österreich“, sondern implizierte
– ungeachtet der personalen Konsequenzen, die Verhaftungen, Ent-
lassungen und „Säuberungen“ hervorgerufen hatten – auch die Aus-
löschung und Gleichschaltung vorhandener, nicht staatlicher Einrich-
tungen durch die Nationalsozialisten. In Zahlen ausgedrückt wurden
bis zum Frühjahr 1939 etwa 110.000 Organisationen und Vereine auf-
gelöst; lediglich 5.000 bestanden weiterhin. (Vgl. Tálos 2000, S. 55
bis 62)