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Politische Bildung
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öffentlichen Bürokratie als populär gilt, so sind doch die unterschied-
lichsten Sphären der öffentlichen Kontrolle der Staatsmacht ein we-
sentlicher Garant für demokratische Verhältnisse.
Pluralistische Gesellschaft:
Südafrikas Weg zur Regenbogennation
Der Begriff Apartheid steht heute synonym für das System einer ab-
soluten „Rassentrennung“ in Südafrika, welches ab den 1940er Jah-
ren fast alle Lebensbereiche der Menschen tangierte und bis in die
1990er Jahre Bestand haben sollte. Um die gänzliche Segregation von
weißen und schwarzen Südafrikanern zu ermöglichen, wurde eine
Vielzahl von Maßnahmen geschaffen: Verbot von Mischehen, ein ei-
genes Passwesen, um die Mobilität der schwarzen Bevölkerung zu
kontrollieren bzw. einzuschränken, Separation des öffentlichen Rau-
mes, beginnend bei Parkbänken über Postämter bis hin zu Schulen,
eingeschränkte Bildungschancen für schwarze Südafrikaner, großan-
gelegte Umsiedlungen, um eine räumliche Trennung durch eigens ge-
schaffene Städte bzw. Stadtteile (Townships) oder speziell definierte
Regionen (Homelands) für Schwarze zu gewährleisten usw. (Vgl. Marx
2004, S. 265 bis 270; Iliffe 2003, S. 377 bis 380)
Um den gewünschten Effekt dieser Schritte zu gewährleisten, erfolg-
te eine umfassende Klassifizierung und Registrierung der Menschen
nach ethnischen Gesichtspunkten, mit zum Teil aus heutiger Sicht
obskur anmutenden Mitteln.
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Ermöglicht wurde diese Politik vor allem
durch die Siege der „National Party“ bei den Parlamentswahlen, von
welchen der Großteil der schwarzen Bevölkerung ausgeschlossen
war. (Iliffe 2003, S. 377) Daher stellten allgemeine und freie Wahlen
eine zentrale Forderung vieler Apartheids-Gegner dar, die eindrucks-
voll 1955 in der sogenannten Freiheitcharta formuliert wurden. Dort
heißt es: „Jede Frau und jeder Mann sollen das Recht haben, zu
wählen und für alle gesetzgebenden Körperschaften zu kandidieren.
[...] Die Rechte der Menschen sollen die gleichen sein, ungeachtet
der Rasse, der Hautfarbe oder des Geschlechts.“ (zit. na. Mandela
2014, S. 241) Bis diese Worte wahr werden sollten, vergingen knapp
vier Jahrzehnte. Als jedoch der erste wirklich freie Urnengang im April
1994 stattfand, markierte dieser weit sichtbar das Ende der Apartheid
und den Beginn einer neuen Ära. Nelson Mandela erinnerte sich rück-
blickend in seinen Memoiren:
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So soll beispielweise ein „Bleistift im Haar“-Test verwendet worden sein, bei dem der Ver-
bleib des Schreibgerätes in der Frisur (krauses oder glattes Haar) für die Klassifizierung
ausschlaggebend war. (Vörös-Rademacher 1992, S. 165)