Politische Bildung
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Die beschriebene Abkehr von Normalarbeitsverhältnissen wird in der
Literatur häufig als
Prekarisierung
bezeichnet und kann als Schat-
tenseite arbeitsweltlicher Flexibilisierung und Deregulierung sub-
summiert werden. Ob atypische Beschäftigung jedoch uneinge-
schränkt negative Auswirkungen für die Betroffenen nach sich zieht,
ist bislang nicht hinreichend geklärt; demnach darf nicht einseitig
der Schluss gezogen werden, dass atypische Beschäftigungsformen
auch prekäre sind, allerdings wohnen vielen, „nicht-normalen“ Be-
schäftigungsverhältnissen sehr wohl prekäre Tendenzen inne. Als
Nachteile für die Betroffenen werden – im Vergleich zu jener Gruppe,
welche weiterhin über ein Normalarbeitsverhältnis angestellt ist –
weniger stabile Arbeitsbedingungen, finanzielle Benachteiligungen
im Sinne niedrigerer Löhne/Gehälter und weitere Risiken wie etwa
fehlende soziale Absicherung genannt.
Der Umstand von der – wie Daten der amtlichen Statistik belegen –
an Bedeutung gewinnenden atypischen Beschäftigung betroffen zu
sein – hängt neben sozio-demographischen Faktoren (etwa Alter
oder Geschlecht) – auch vom Wirtschaftssektor, in welchem die be-
rufliche Tätigkeit ausgeübt wird, ab. Zudem wird diesbezüglich die
zentrale Rolle des Humankapitals hervorgehoben; Bildung biete
nicht nur den besten Schutz vor Arbeitslosigkeit, sondern reduziere
auch die Notwendigkeit einer atypischen Beschäftigung nachgehen
zu müssen. In der Literatur besteht jedoch Uneinigkeit darüber, in-
wieweit auch für die Gruppe der Hochqualifizierten Marginalisie-
rungseffekte von atypischer Beschäftigung (z.B. ungleiche Bezah-
lung, geringere Karriere- und Aufstiegschancen oder ein limitierter
Zugang zu intrinsisch zufriedenstellender Arbeit) sowie Auswirkun-
gen auf die Entwicklung der Erwerbsbiographien resultieren. Dane-
ben ist vielfach (noch) nicht abschätzbar, welche Konsequenzen sich
daraus auf die Arbeits- aber auch die Lebensbedingungen der
Betroffenen ergeben.
Eine gesamtheitliche Betrachtung der beschriebenen Entwicklung
erscheint vor allem deswegen sinnvoll und notwendig, als Individuen
neben beruflicher auch nach privater Zufriedenheit streben und das
Erreichen dieser Zustände seit jeher als wesentliches Ziel des
menschlichen Lebens gilt. Die Untersuchung des subjektiv-individu-
ellen Lebensumfeldes führte allerdings lange Zeit ein Schattendasein
in der ökonomischen Forschung, kann jedoch einen zentralen An-
satzpunkt zur Bestimmung wirtschafts- und gesellschaftspolitischer
Ziele liefern. Demnach gilt ein tieferes Verständnis der Arbeits- und
Lebensbedingungen als zentrale Möglichkeit für die (regionale) Poli-
tik, auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen bessere (ge-