Previous Page  7 / 164 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7 / 164 Next Page
Page Background

Politische Bildung

5

Die beschriebene Abkehr von Normalarbeitsverhältnissen wird in der

Literatur häufig als

Prekarisierung

bezeichnet und kann als Schat-

tenseite arbeitsweltlicher Flexibilisierung und Deregulierung sub-

summiert werden. Ob atypische Beschäftigung jedoch uneinge-

schränkt negative Auswirkungen für die Betroffenen nach sich zieht,

ist bislang nicht hinreichend geklärt; demnach darf nicht einseitig

der Schluss gezogen werden, dass atypische Beschäftigungsformen

auch prekäre sind, allerdings wohnen vielen, „nicht-normalen“ Be-

schäftigungsverhältnissen sehr wohl prekäre Tendenzen inne. Als

Nachteile für die Betroffenen werden – im Vergleich zu jener Gruppe,

welche weiterhin über ein Normalarbeitsverhältnis angestellt ist –

weniger stabile Arbeitsbedingungen, finanzielle Benachteiligungen

im Sinne niedrigerer Löhne/Gehälter und weitere Risiken wie etwa

fehlende soziale Absicherung genannt.

Der Umstand von der – wie Daten der amtlichen Statistik belegen –

an Bedeutung gewinnenden atypischen Beschäftigung betroffen zu

sein – hängt neben sozio-demographischen Faktoren (etwa Alter

oder Geschlecht) – auch vom Wirtschaftssektor, in welchem die be-

rufliche Tätigkeit ausgeübt wird, ab. Zudem wird diesbezüglich die

zentrale Rolle des Humankapitals hervorgehoben; Bildung biete

nicht nur den besten Schutz vor Arbeitslosigkeit, sondern reduziere

auch die Notwendigkeit einer atypischen Beschäftigung nachgehen

zu müssen. In der Literatur besteht jedoch Uneinigkeit darüber, in-

wieweit auch für die Gruppe der Hochqualifizierten Marginalisie-

rungseffekte von atypischer Beschäftigung (z.B. ungleiche Bezah-

lung, geringere Karriere- und Aufstiegschancen oder ein limitierter

Zugang zu intrinsisch zufriedenstellender Arbeit) sowie Auswirkun-

gen auf die Entwicklung der Erwerbsbiographien resultieren. Dane-

ben ist vielfach (noch) nicht abschätzbar, welche Konsequenzen sich

daraus auf die Arbeits- aber auch die Lebensbedingungen der

Betroffenen ergeben.

Eine gesamtheitliche Betrachtung der beschriebenen Entwicklung

erscheint vor allem deswegen sinnvoll und notwendig, als Individuen

neben beruflicher auch nach privater Zufriedenheit streben und das

Erreichen dieser Zustände seit jeher als wesentliches Ziel des

menschlichen Lebens gilt. Die Untersuchung des subjektiv-individu-

ellen Lebensumfeldes führte allerdings lange Zeit ein Schattendasein

in der ökonomischen Forschung, kann jedoch einen zentralen An-

satzpunkt zur Bestimmung wirtschafts- und gesellschaftspolitischer

Ziele liefern. Demnach gilt ein tieferes Verständnis der Arbeits- und

Lebensbedingungen als zentrale Möglichkeit für die (regionale) Poli-

tik, auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen bessere (ge-